Majolika bezeichnet eine Art von Keramik oder Steingut, die mit einer deckenden weißen Zinnglasur überzogen und anschließend in leuchtenden Farben bemalt wird. Diese aufwendige Technik, die im 15. Jahrhundert besonders in Italien verbreitet war, hat sich als äußerst langlebig erwiesen, wobei die Farben über Jahrhunderte hinweg ihren Glanz behalten. Ursprünglich wurde Majolika vor allem für hochwertige Gefäße und Töpferwaren verwendet, aber auch für die Herstellung von Kacheln für Zimmeröfen und dekorative Fliesen. In früheren Zeiten kamen sie auch als Bodenfliesen zum Einsatz.

Die charakteristische Bemalung von Majolikafliesen besteht aus Pigmenten, die auf Metalloxidbasis hergestellt werden. Häufig verwendete Farben sind Grün (aus Kupfer), Blau (aus Kobalt), Violett (aus Mangan) und Orange (aus Antimon und Eisen). Wenn auf die Glasur und Bemalung verzichtet wird, handelt es sich um Terrakotta.

Da die farbintensiven Glasuren die hohen Temperaturen, die für die Sinterung des Scherbens notwendig sind, nicht aushalten, wird der unglasierte Formling zunächst bei hoher Temperatur gebrannt, dann glasiert und ein weiteres Mal gebrannt. Dieses Verfahren wird als Doppel- oder Zweibrand, Feinglasur oder Bicottura bezeichnet. Gelegentlich wird eine zusätzliche Glasurschicht aufgetragen, um die Farben noch intensiver erscheinen zu lassen. Aufgrund ihrer hohen Porosität (15–25 %) sind Majolikafliesen jedoch nur für den Einsatz an Innenwänden geeignet.

Eine alternative Bezeichnung für Majolika ist Fayencen, ein Begriff, der aus dem Französischen stammt und auf die italienische Stadt Faenza zurückgeht.

Die industrielle Herstellung von Majolika-Fliesen hat sich im Vergleich zu den traditionellen Methoden stark weiterentwickelt, um die Prozesse zu rationalisieren und die Produktionseffizienz zu steigern. Hier ist eine Übersicht, wie dieser Prozess heute in der Industrie abläuft:

  1. Materialaufbereitung:
    • Tonmischung: Der Rohstoff, meist eine Mischung aus Ton und anderen Mineralien, wird vorbereitet und in großen Massen gemischt. Diese Mischung wird dann durch einen Extruder zu Tonplatten geformt.
    • Formgebung: Die Tonmasse wird in Form gepresst oder extrudiert, um die gewünschten Fliesenrohlinge zu erzeugen. Moderne Pressen arbeiten dabei mit hohem Druck, um eine gleichmäßige Dichte und Form zu gewährleisten.
  2. Erster Brand (Schrühbrand):
    • Trocknung: Die geformten Fliesenrohlinge werden zunächst getrocknet, um überschüssige Feuchtigkeit zu entfernen. Dies geschieht in speziellen Trocknern bei kontrollierten Temperaturen.
    • Schrühbrand: Die getrockneten Rohlinge werden in Öfen bei etwa 900 bis 1000°C gebrannt. Dieser erste Brand härtet den Scherben und bereitet ihn auf die Aufnahme der Glasur vor.
  3. Glasurauftrag:
    • Glasurmischung: Die Zinnglasur wird in großen Chargen vorbereitet, oft mit Zusätzen wie Feldspat, Quarz und Kaolin, um die gewünschten Eigenschaften zu erzielen.
    • Auftragen der Glasur: Die Glasur wird auf die gebrannten Rohlinge aufgetragen. Dies geschieht durch Sprühen, Tauchen oder Walzen, je nach gewünschter Dicke und Gleichmäßigkeit der Glasurschicht.
  4. Dekoration:
    • Farbaufrag: Die Fliesen werden mit farbigen Dekoren bemalt. In der industriellen Fertigung geschieht dies oft durch Siebdruckverfahren oder Digitaldrucktechnologien, die hochpräzise und wiederholbare Muster ermöglichen.
    • Trocknung der Farben: Die aufgetragenen Farben müssen vor dem nächsten Brand trocknen, um ein Verschmieren oder Verlaufen zu verhindern.
  5. Zweiter Brand (Glattbrand):
    • Brennen der glasierten Fliesen: Die glasierten und bemalten Fliesen werden erneut gebrannt, diesmal bei Temperaturen von etwa 1000 bis 1100°C. Dieser Brand sorgt dafür, dass die Glasur mit den Farben verschmilzt und eine dauerhafte, glänzende Oberfläche entsteht.
  6. Optionaler dritter Brand (Veredelung):
    • Zusätzliche Glasur: Bei Bedarf wird eine weitere Schicht Glasur aufgetragen, um die Farben noch intensiver erscheinen zu lassen oder spezielle Effekte wie Craquelé zu erzeugen. Dieser Schritt erfolgt dann in einem dritten Brand bei einer etwas niedrigeren Temperatur.
  7. Qualitätskontrolle:
    • Prüfung: Nach dem Brennen werden die Fliesen auf Defekte wie Risse, Abplatzungen oder ungleichmäßige Glasuren geprüft. Fliesen, die den Qualitätsstandards nicht entsprechen, werden aussortiert.
    • Sortierung und Verpackung: Die fertigen Fliesen werden nach Farbe, Muster und Größe sortiert und für den Versand verpackt.

Dieser moderne, industrielle Prozess ermöglicht die Herstellung großer Mengen von Majolika-Fliesen mit gleichbleibender Qualität und reduziertem Arbeitsaufwand im Vergleich zu den traditionellen, handwerklichen Methoden.